In dieser Stufe taut die winterliche Schneedecke erst im Juni und Juli weg; es kann aber auch den ganzen Sommer über immer wieder Schnee fallen. Auf den Hängen in Schattenlage gibt es eine klare Abgrenzung zwischen subalpiner Stufe (Birkenwald) und alpiner Stufe.
Dem Krummholzgürtel unserer Alpen, also den Legföhren oder Grünperlen, entsprechen hier im Rakhiot-Tal die Weidensträucher (Salix hastata); dem Zwergstrauchgürtel (Ericaceen) unserer Alpen entsprechen die gelb blühenden Alpenrosen (Rhododendron hypenanthum, der den bei uns auf Silikatböden vorkommenden R. ferrugineum vertritt). Auf sonnigen Halden fehlen Weidensträucher und Alpenrosen, es finden sich hier alpine Rasen-, Kraut- und Zwergstrauchfluren mit vereinzelten Wacholderbüschen (Juniperus semiglobosa, nana und squamata). Es fehlt aber auch, bedingt durch die stärkere Sonneneinstahlung, die klare Abstufung der subalpinen und alpinen Gehölzgürtel.
Die Weide (salix hastata), die auf freien Hängen bei etwa 3800 m beginnt und bis ca. 4200 m
hinauf reicht, geht nur in sogenannten Lawinen- gassen mit wesentlich längerer Schneebedeckung bis
unter 3000 m herunter; allerdings fehlt dann die Alpenrose. Als Seltenheit für das
Nanga-Parbat-Gebiet kommt im Rakhkiot-Tal außer der Alpenrose noch ein zweites Erikagewächs vor: die
zwergwüchsige Zypressenheide (Cassiope fastigiata). Sie ist ein arktisches Florenelement im
Himalayagebiet. An den Stellen, wo die Weide in tiefere und feuchtere Tälchen und Rinnen herunter
steigt, zeigt sie eine mächtigen Wuchs von fast 2 m Höhe.
Als weitere Charakterpflanzen finden sich Sauergräser der Gattung Cobresia, der
Zwergspalierknöterich (Palygonum affine) und verschiedene Heckenkirschen (Lonicera-Arten).
Über der Strauchweidengrenze (ungefähr 4200 m) gibt es als Zwergspalierrasen eine andere
Weide (Salix flabellaris), die mit ihren eng am Boden anliegenden Zweigen im Nanga-Parbat-Gebiet
die oberste Gehölzstufe bildet.
Für den alpinen Rasen sind folgende Gräser zu nennen.
Lieschgras, Rispengras, verschiedenen Schwingel, Seggen, Fuchsschwanzgras und die Hainsimse. Auf den
alpinen Matten im obersten Rakhkiot-Tal finden wir außerdem: Schwertlilien, verschiedene
Gelbsternarten, Windröschen, Täschelkraut, Hunger- blümchen, Lerchensporn, verschiedene Arten von
Fingerkraut, lebend gebärenden Knäterich, Steinbrecharten, Tragant, Spitzkie, Hornkraut, Rosenwurz,
Mannschildarten Primeln Enziane, Vergissmeinnicht und die Schminkwurz.
Nivale Stufe
Zwischen 4200m und 4300m beginnt sich die Vegetationsdecke allmählich aufzulockern, was stark von
der Bodenfrostwirkung abhängig ist. Da im Sommer 1979 der Große Moränenhang bis Juli Schnee bedeckt
war, konnte zu diesem Zeitpunkt nicht festgestellt werden, wie hoch Gefäßpflanzen im Rakhiot-Tal
tatsächlich steigen.