Die Expedition Pakistan News

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Staatsaufbau
Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Baluchistan, North West Frontier (NWFP), den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA) und den "Northern Areas". Dies sind von dem früheren Fürstentum Jammu und Kaschmir abgetrennte Gebirgsgebiete im Norden Pakistans ohne Provinzcharakter oder Repräsentation. Dazu kommt Azad Jammu & Kashmir ("freies Kaschmir"), der auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegende Teil Kaschmirs.

(Anfangs selbst ernanntes) Staatsoberhaupt ist seit Machtübernahme im Oktober 1999 General Pervez Musharraf.

Aktuelle innenpolitische Lage
Am 10. Oktober 2002 wurden die gemäß Beschluss des Obersten Gerichts aus dem Jahr 2000 vorgesehenen Wahlen zu den Provinzversammlungen und zur Nationalversammlung (Unterhaus) durchgeführt. Im Ergebnis wurde eine Koalitionsregierung gebildet, in der eine dem Militär nahe stehende Fraktion der Pakistan Muslim League (die Pakistan Muslim League Quaid-i-Azam – PML-Q) die Mehrheit bildet. Insbesondere in der an Afghanistan grenzenden Provinz North West Frontier (NWFP) konnten die islamistischen Parteien, die in einer Parteienallianz "Muttahida Majalis-i-Amal" (MMA) zusammengeschlossen waren, sehr deutliche Stimmenzuwächse erringen. Sie sind auch auf Bundesebene erstmals mit 60 Sitzen von insgesamt 342 Sitzen vertreten. Im Vorfeld der Wahlen zu National- wie Provinzversammlungen wurden auch von Seiten einer EU-Wahlbeobachtermission massiv Manipulationsvorwürfe erhoben: die Kandidatenlisten seien zugunsten der Musharraf nahe stehenden Parteien verändert worden. Wahlen zum Oberhaus der Nationalversammlung (Senat) folgten am 27./28.02.2003.

Wegen fundamentaler Meinungsunterschiede über ein von Musharraf noch vor den Wahlen vorgelegtes Paket mit Verfassungsänderungen ("Legal Framework Order" - LFO), das insbesondere das Ziel verfolgte, seine persönliche wie die Machtstellung des Militärs auch nach den Wahlen zu sichern, war die Parlamentsarbeit über ein Jahr nach den Wahlen blockiert. Im Dezember 2003 wurde mit der oppositionellen MMA ein Kompromiss ausgehandelt, der unter anderem vorsah, dass der Präsident bis spätestens Dezember 2004 das Amt des Armeechefs aufgeben sollte. Daraufhin wurde der Präsident von einer aus den Abgeordneten der Provinzparlamente, der Nationalversammlung und den Mitgliedern des Senates bestehenden Bundesversammlung im Amt bestätigt und ein Großteil der Verfassungsänderungen im Rahmen der LFO übernommen. 2004 wurde ein Gesetz verabschiedet, das unter Ausnutzung einer verschachtelten Konstruktion mit einfacher Mehrheit Präsident Musharraf eine Rechtsgrundlage bietet, weiter das Amt des Armeechefs auszuüben. In der zweiten Jahreshälfte 2007 wird das aus Nationalversammlung, Senat und Provinzversammlungen bestehende Wahlkollegium über seine Wiederwahl zu entscheiden haben.

2007 oder Anfang 2008 sollen auch Wahlen zur Nationalversammlung stattfinden. Im Vorfeld dieser Wahlen hat sich die innenpolitische Konfrontation zwischen Regierung und Opposition verschärft. Die Suspendierung des Obersten Richters von Pakistan aufgrund von seitens der Regierung erhobenen Vorwürfen am 9. März 2007 hat zu landesweiten Protesten von Juristen, Opposition und Zivilgesellschaft geführt und Musharraf vor die größte innenpolitische Herausforderung seit seiner Machtübernahme gestellt. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Regierungsanhängern und Anhängern des suspendierten Obersten Richters kamen am 12./13. Mai in Karachi rund 50 Menschen ums Leben.

Gesellschaftliche Strukturen
Pakistan ist ein islamischer Staat. Der Islam ist in der Verfassung als Staatsreligion festgeschrieben. Ebenso sind Staat und Regierung aufgerufen, den Muslimen des Landes die Einhaltung einer islamischen Lebensführung zu ermöglichen und ihnen die Möglichkeit zum Erlernen der fundamentalen Werte des Koran zu geben. Die Interpretation dieses Auftrags ist unter verschiedenen Regierungen unterschiedlich ausgefallen. Die strenge Auslegung islamischer Wertvorstellungen und ihre forcierte Implementierung unter General Zia-ul Haq prägen bis heute die Debatte über die Art und Funktion religiöser Gesetze in der pakistanischen Gesellschaft. Aus dieser Zeit sind besonders die Hudood-Gesetze, die Körperstrafen und Ungleichbehandlung von männlichen und weiblichen Zeugen vorsehen, ein schweres Erbe. Im November 2006 gelang es der Regierung mit Mühe, ein Gesetz durch das Parlament zu bringen, dass die frauenfeindlichsten Elemente der Hudood-Gesetze entschärfte und u.a. die Chancen von Frauen verbessert, Vergewaltiger zur Rechenschaft zu ziehen.

Vor allem auf dem Land wird die Gesellschaft Pakistans noch immer von feudalen Machstrukturen dominiert. Eine wichtige Rolle spielt das Militär. Eine bürgerliche Mittelschicht ist kaum vorhanden. Die Bevölkerungsmehrheit bilden arme Lohnarbeiter und Bauern, die auf dem Land zum Teil in starker Abhängigkeit von Großgrundbesitzern leben. Die Mehrheit der Bevölkerung sind Analphabeten.

Menschenrechtslage
Pakistan ist wichtigen internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Menschenrechte, wie dem Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie der Konvention gegen Folter nicht beigetreten. Die Verfassung enthält zwar umfangreiche Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte, doch weichen Anspruch der Verfassung und gesellschaftliche Realität voneinander ab.

Präsident Musharraf hat sich nach seiner Machtübernahme für die Bekämpfung der Korruption und die Verbesserung der inneren Sicherheit eingesetzt. Durch die Einführung einer Frauenquote in den gewählten Versammlungen auf Bundes-, Länder-, und Bezirksebene sind seit den letzten Wahlen deutlich mehr Frauen in die Parlamente gewählt worden. Ebenso wurde die Todesstrafe für minderjährige Straftäter abgeschafft und ihre separate Inhaftierung verfügt. Dennoch sind die Rahmenbedingungen für die Durchsetzung von Menschenrechten weiter schwierig. Polizei und Justiz unterlaufen häufig Fehler bei der Untersuchung von Straftaten, vielfach werden sie von Partikularinteressen unterlaufen und korrumpiert. Kinderarbeit ist auch in illegal. Die Verfassung besagt: "No child under the age of 14 years shall be engaged in any factory or mine or any other hazardous employment." (Art. 11 (3)), ebenso "The state shall make provisions for …ensuring that childern… are not employed in vocations unsuitable to their age.." (Art 37 (e)). Pakistan hat das Übereinkommen der ILOILO (Internationale Arbeitsorganisation) Nr. 182 über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit von 1999 ratifiziert. Gleiches gilt für die Convention on the Rights of the Child.

Schätzungen der pakistanischen Regierung und der ILOILO gehen jedoch von 3,3 Millionen arbeitenden Kindern aus, die Dunkelziffer ist hoch. Nichtregierungsorganisationen schätzen, dass bis zu 5 Millionen Kinder und Jugendliche arbeiten. Die überwiegende Zahl arbeitet in der Landwirtschaft (65%), der Rest größtenteils in der Industrie. Eine im Punjab im letzten Jahr durchgeführte Studie zeigt, dass 90% der arbeitenden Kinder und Jugendlichen Jungen sind. Die Mehrzahl arbeitet mehr als 35 Stunden, einige sogar mehr als 56 Stunden.

Lage der Frauen
Pakistan hat die "Convention on the Elimination of all forms of Discrimination Against Women" ratifiziert. Artikel 25 der pakistanischen Verfassung bestimmt, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind. Artikel 25 Abs. 2 verbietet ausdrücklich die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Dennoch sind Frauen in Pakistan in mehreren Rechtsbereichen aufgrund der Anwendung islamisch geprägter Rechtsvorschriften in Teilen des materiellen und prozessualen Strafrechts schlechter gestellt als Männer.Unabhängig von ihrer rechtlichen Stellung sind besonders Frauen aus ärmeren Schichten und auf dem Land von Geburt an benachteiligt. Aufgrund des geringen Zugangs zu medizinischer Versorgung ist z.B. die Kindersterblichkeit bei Mädchen höher als bei Jungen, als Folge des eingeschränkten Zugangs zu Bildungseinrichtungen liegt die Alphabetisierungsrate der Frauen deutlich unter der der Männer (35% Alphabetisierungsrate der Frauen gegenüber 59% der Männer nach Regierungsangaben; nach realistischeren Schätzungen liegt die Alphabetisierungsrate der Frauen allenfalls bei 24%).


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Alle Bilder © AMICAL alpin

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