Kurzcharakterisierung
Die pakistanische Wirtschaft konnte nach hohen realen Wachstumsraten in den vergangenen Jahren und einem beachtlichen Wachstum von 8,6 Prozent im Vorjahr im Haushaltsjahr 2005-06 nur 6,6 Prozent Zuwachs erreichen. Sie ist gekennzeichnet durch weiter hohe Inflation und ein hohes Defizit in der Zahlungsbilanz sowie die Notwendigkeit, Arbeitsplätze zu schaffen, die Infrastruktur weiter auszubauen und besonders die Sozialdaten zu verbessern. Pakistan muss seine Haushaltsdisziplin beibehalten sowie für pakistanische Investitionen sorgen, intensiver um ausländische werben und die Rahmenbedingungen dafür verbessern. Die starke Abhängigkeit von der Landwirtschaft und von Öleinfuhren hat mit zu der abgeschwächten Entwicklung im Berichtsjahr beigetragen.
Die pakistanische Regierung gibt das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen mit 847 US-Dollar an, ein 14prozentiger Anstieg nach 742 $ im Vorjahr. Damit bleibt Pakistan allerdings in der Kategorie der Länder mit niedrigen Einkommen. Pakistans Bevölkerungszahl beläuft sich auf rund 161 Millionen (Angaben des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA). Die Regierung behauptet, in den letzten vier Jahren sei die Armut um mehr als 10 Prozent, vorwiegend wegen des starken Wirtschaftswachstums, also als „trickle down“ - Effekt, zurückgegangen. Bei den bilateralen Gebern bleiben starke Zweifel bestehen.
Zwar ist insgesamt der erhebliche Aufschwung der ersten Jahre der Musharraf-Regierung etwas abgeflacht, prinzipielle Richtungsänderungen werden - auch in den Vorhersagen der Internationalen Finanzinstitutionen - jedoch nicht erwartet; diese indossieren vielmehr generell die Wachstumserwartung der Regierung in der Größenordnung von 7 Prozent.
Nach dem jüngsten Bericht von Transparency International hat die Korruption in Pakistan, im Vergleich zu den Anfängen der Musharraf-Zeit, wieder deutlich zugenommen.
Struktur der Wirtschaft
Die weitgehend feudalistisch strukturierte Landwirtschaft Pakistans ist mit rund 22 Prozent Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) immer noch der größte volkswirtschaftliche Sektor. In ihm sind 45 Prozent der arbeitsfähigen Menschen beschäftigt; insgesamt 66 Prozent der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Im Panjab verfügt Pakistan über das global größte zusammenhängende landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet. Nach mehreren Dürrejahren fiel das Ergebnis der landwirtschaftlichen Tätigkeit in den Jahren seit 2002 zwar sehr viel besser aus. Im Berichtsjahr waren jedoch besonders die Wetterbedingungen für zwei der wichtigen Anbauprodukte – Zuckerrohr und Baumwolle – ungünstig. Nur in der Viehwirtschaft gab es einen beachtlichen 8-prozentigen Zuwachs, bei einem Gesamtwachstum des Sektors von nur 2,5 Prozent.
Die weiterhin steigende industrielle Produktion (8,6 Prozent) trägt auf verbreiterter Basis zu den pakistanischen Wachstumserfolgen bei, besonders neben dem jetzt schwächeren Textilbereich die nicht-traditionellen Branchen der Elektroindustrie, der Automobilherstellung, von Nahrungsmitteln und Zement. Bedeutender Wachstumssektor mit 8,8 Prozent ist auch der Dienstleistungsbereich, hier insbesondere Banken und Versicherungen sowie Kommunikation.
Die Bruttoinlandsinvestitionen stiegen nach einem leichten Rückgang im Vorjahr um knapp 2 Prozent, die Sparrate stagniert bei etwa 14,5 Prozent. Schuldendienst und Militärausgaben zeigen als Anteile am Bruttoinlandsprodukt (BIP) keine bedeutenden Zuwächse, stiegen prozentual allerdings an. Das mag sich allerdings bei den bevorstehenden erheblichen militärischen Beschaffungen künftig anders darstellen. Das Haushaltsdefizit beläuft sich gegenüber dem Vorjahr recht stabil auf 3,4 Prozent des BIP. Nach umfassenden Reformen erwartet die Regierung erneut eine erhebliche Steigerung der Steuereinnahmen von circa 22 Prozent nach einer Steigerung von über 14 Prozent im Vorjahr.
Pakistans Privatisierungsprogramm schreitet, wenn auch mit gelegentlichen Hindernissen, fort - im Banken-, Telekommunikationsbereich sowie bei Öl und Gas. Die bereits erfolgte Privatisierung des größten pakistanischen Stahlproduzenten wurde vom obersten Gericht des Landes für ungültig erklärt. Es beanstandete vor allem die fehlende Beteiligung des Rates für Gemeinsame Interessen (CCI), der die Wahrung der föderalen Rechte der Provinzen sicherstellen soll.
Die Privatisierung der Elektrizitätsversorung von Karachi hat bislang nicht die erhoffte Verbesserung gebracht. Stundenlange Stromabschaltungen werden zur Regel. Die Regierung wird für eine nachlässige Auswahl der Privatisierungspartner kritisiert. Die öffentliche Meinung verschont auch nicht mehr den deutschen Konzern, der für den ausländischen Investor den technischen Betrieb der Stromversorgungsbetriebe von Karachi (KESC) übernommen hat.
Wirtschaftsklima
Das pakistanische Wirtschaftsklima ist trotz leichter Abkühlung weiterhin gut. Die Wachstumsrate ist immer noch respektabel. Die Rupie ist gegenüber Dollar und Euro recht stabil. Die immer noch beträchtlichen Rückflüsse der Auslandspakistaner haben gewährleistet, dass trotz hoher Ölrechnung und hoher, immer stärker auch konsumgeprägter Importe die von den Banken gehaltenen Währungsreserven weiterhin stiegen. Kreditvergabe der Banken an den Privatsektor hat nicht nur zu Investitionsschub und Kapazitätsauslastung, besonders im Textilsektor, geführt, sondern auch zu wachsendem Konsum einer stärker werdenden Mittelschicht. Die Staatsbank warnt vor steigendem Inflationsdruck, Abschwächung der Budgetindikatoren und größer werdender Lücke in der Zahlungsbilanz. Dennoch werden die Aussichten von der Bank weiter als generell günstig eingeschätzt.
Offenheit gegenüber der Weltwirtschaft
Seit 2002-03 ist der Anteil des pakistanischen Handels am BIP um fast 6 Prozent gestiegen. Von Juli 2005 bis März 2006 wuchs der Außenhandel im zweiten Jahr in Folge um fast 19 Prozent. Die Importe stiegen um fast 43 Prozent, in gleicher Größenordnung stiegen auch die Einfuhren aus Deutschland im Jahresvergleich 2004-2005. Trotz beachtlicher Leistungen in der Diversifizierung der industriellen Produkte hängt das Land bei seinem Export weiter von wenigen Produkten - Baumwolle, Leder, Reis, synthetischen Textilien und Sportartikeln - und wenigen Ländern ab. Etwa die Hälfte aller Ausfuhren gehen in nur sieben Länder - USA, Deutschland, Japan, Großbritannien, China (d. h.Hongkong), Vereinigte Arabische Emirate (Dubai) und Saudi-Arabien. Ähnliches gilt für den Import. Auch hier herrscht Konzentration auf wenige Produkte, nämlich Petroleum und Petroleumprodukte, Maschinen, Chemikalien, Düngemittel und Metalle.
Ausländische Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment – FDI) haben im Jahresvergleich 2,5 Milliarden US-Dollar zugelegt und fast 4 Milliarden US-Dollar erreicht. In Pakistan machen eine Reihe – auch deutsch basierter – multinationaler Unternehmen seit vielen Jahren gute Geschäfte. Sie stoßen bisher nicht, wie zum Beispiel in Indien, auf Ablehnung.
Pakistan hat in der Welthandelsorganisation (WTO) ein hohes Profil und ist Mitglied in der Südasiatischen Gemeinschaft für regionale Zusammenarbeit (SAARC) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECO). Handels- und Energie-Sekretariate von SAARC ressortieren in Pakistan.
Pakistan hat sich, statt Kredite vom IWF zu erhalten, den internationalen Kapitalmärkten zugewandt und mehrere erfolgreiche Emissionen, auch im islamischen Bankenbereich, durchgeführt. Von den anderen internationalen Finanzinstituten (Weltbank, Asiatische Entwicklungsbank) erfährt Pakistan – wie auch von wichtigen Gebern wie USA, Japan und Großbritannien – großzügige Unterstützung für Infrastruktur- und armutsbezogene Programme, allein von den Banken neuerdings rund 4 Milliarden US-Dollar jährlich. Die gegenwärtige Regierung ist ausgesprochener Anhänger von Handelsliberalisierung. In den Handelsbeziehungen zur Europäischen Gemeinschaft gibt es gelegentlich Probleme (unter anderem Landeverbot für einen großen Teil der Flotte von Pakistan International Airways, Verbot der Einfuhr von pakistanischen Fischprodukten in die EU, Dumpingvorwürfe bei Bettwäsche).