Vorakklimatisation für Shisha Pangma Südwand abgeschlossen Zwei Akklimatisationsnächte auf 6650 m zugebracht
Immer noch weiter zog sich der Weg von unserem Tiefschnee-Basislager bis zum eigentlichen Basislager auf 5200 m. Schon vier Stunden
waren wir unterwegs. Endlich bei einer kleinen Anhöhe konnten wir unser heimatliche Gefühle erweckendes "Lake-Side-Resort" vom vergangen
Jahr erkennen. Der See war noch zugefroren, aber insgesamt lag deutlich weniger Schnee als weiter unten. Unsere Höhenmesser zeigten viel
zu hoch an. Das hieß, dass wir auch in unserem tiefen Basislager noch tiefer lagen als eigentlich gedacht - nämlich gerade mal auf 4650
m. Und damit war unser erster Akklimatisationsberg mit Gipfelübernachtung auch nur 5550 m hoch.
Vier weitere Stunden zogen wir mit unseren Rucksäcken und mit Verpflegung, Gas und Ausrüstung für 4 Tage weiter bis wir auf dem
Moränenrücken zwischen Shisha Pangma Südwand und Pungpa Ri bei zwei großen Felsblöcken windgeschützt unser kleines Zelt aufstellten.
Wir waren müde vom mindestens 25 km langen Anmarsch. Und 1000 Höhenmeter Aufstieg.
Zwischen unserem jetzigem und letztjährigem Basislager - Eiger-Peak links
Ausschlafen am nächsten Morgen, bis uns die Sonne aus den Schlafsäcken trieb. Wir hatten zwar gut geschlafen auf 5650 m, aber wir
hatten auch gemerkt, dass wir für diese Höhe bei weitem noch nicht genügend angepasst waren. Der Entschluss uns nicht zu sehr zu
verausgaben und damit den Gipfel des Pungpa Ri (7400 m) erst mal sausen zu lassen war ohne grosse Worte allen dreien klar. Also stiegen
wir an diesem zweiten Tag auch nur bis zum Castle-Camp (5850 m) auf. Doug Scott hatte 1982 einer kleinen Felsformation am Ende des oben
genannten Moränenrückens diesen Namen gegeben. Nach 1 ½ Stunden waren wir angekommen und damit direkt am Einstieg zur Aufstiegsrinne
des Pungpa Ri. Wir verbrachten den Rest des Tages mit Herrichten der Ausrüstung für den nächsten Tag und mit Schneeschmelzen.
!!Endlich "richtiges" Bergsteigen!!: der dritte Tag brach wunderschön an. Noch vor den ersten Sonnenstrahlen pickelten wir uns langsam
die breite Rinne des Aufstiegs nach oben. Lange Blankeisstrecken auf den Frontzacken unterbrochen von weniger anstrengenden
Hartschneepassagen. Schon im Aufstieg richteten wir bei den steileren Blankeisstellen einige Abalakov-Eissanduhren zum Abseilen für den
Abstieg ein. Wir hatten es nicht eilig und wollten eher auf Nummer-"Sicher" gehen.
Tiefblick zum Castle Camp vom Aufstieg am Pungpa Ri
800 Höhenmeter stiegen wir an diesem dritten Tag unseres "Ausfluges" auf. Ca. 50 Höhenmeter unter dem Gipfelgrat des Pungpa Ri fanden
wir eine kleine Firnrippe, auf der wir im Schutz eines Felsblocks begannen eine Plattform herauszuhacken. Es wäre zwar schön gewesen
unser Lager direkt am Grat einrichten zu können. Dafür war es aber deutlich zu stürmisch.
Gerlinde passiert den Seracriegel auf halber Höhe des Anstiegs am Pungpa Ri
Kurz vorm Erreichen unseres Biwakplatzes auf 6650 m
Da wir beim Aushacken unserer kleinen Zeltplattform schnell auf blankes Eis stießen, waren wir doch 2 ½ Stunden mit dem Herrichten
des "Zeltplatzes" beschäftigt. Als der Sturm seinen Höhepunkt erreicht hatte, waren wir endlich so weit das Zelt auftstellen zu können.
Auf 6650 m in einem Höllen-Sauwetter eine echte Herausforderung: 1,5 Meter x 2 Meter war unser Spielfeld im Kampf mit dem Sturm in einer
50° steilen Flanke. Wir konnten das Spiel gewinnen und lagen irgendwann kurz vor Sonnenuntergang eng zusammengepfercht in den
Schlafsäcken. Hiro und ich in der einen Richtung, Gerlinde in der Mitte eingezwängt in der anderen Richtung. Bis lang in den Abend
brummte der Kocher, um das nötige Schmelzwasser herzubringen. Unser mitgebrachtes Kartoffelpurée war versehentlich salzfrei - und so
schmeckte dieser Brei mehr nach Pappe als nach Kartoffeln.
Gerlinde lässt sich durch nichts aus dem Schlaf reissen
Warten auf heisses Wasser und das Auftauen des Schmelzkäse
Auch Hiro bringt nichts aus der Ruhe - Gerlindes Füße gut gekühlt
Völlig eingeeist erwarteten wir am nächsten Morgen die ersten Sonnenstrahlen. Es war eine brutal kalte Nacht gewesen; insgesamt waren
wir doch noch sehr früh im Jahr dran. Die Entscheidung mangels ausreichender Akklimatisation die Besteigung des Pungpa Ri nicht weiter
zu verfolgen und stattdessen einen kompletten Akklimatisationstag auf unserer Mini-Plattform auf 6650 m einzulegen war die Richtige! Und
wir hatten Glück: bei mäßigem Wind, Sonnenschein und gigantischer Aussicht brachten wir dort oben einen angenehmen Tag zu und konnten
die gesamte Ausrüstung trocknen und genügend trinken.
Morgendliches Zusammen- packen auf 6650 m
Gerlinde tastet sich im Abstieg über eine zugewehte Spalte
Letztes Mal Abseilen vor dem Castle Camp
Die zweite Nacht auf 6650 m war total stürmisch, und auch dieses Mal in der Früh das Zelt von innen und die Schlafsäcke von aussen
wieder völlig angeeist. Schon vor den ersten Sonnenstrahlen packten wir zusammen und begannen bei heftigem Wind den Abstieg. Die vorher
schon eingerichteten Abseilstellen waren unseren etwas steifen Gliedern sehr willkommen und so konnten wir rasch und sicher das
Castle-Camp wieder erreichen. Trocknen der völlig durchnässten Ausrüstung und Frühstück waren in der prallen Sonne willkommene Erholung.
Trocknen der Ausrüstung am Castle Camp
Schneeschmelzen am Castle Camp Ralf wartet auf seinen Cappuccino
"Jetzt noch die paar-und-zwanzig Kilometer zurück ins Basislager und ein Mega-Abendessen würde uns erwarten"dachten wir. Weit gefehlt:
Kurz unterhalb des alten Basislagers um 16:30 Uhr holte uns der Nebel und die Nachmittagsbewölkung ein - zeitweise waren keine 15 Meter
Sicht. Um uns nicht völlig im Moränengelände zu verrennen entschlossen wir uns auf Wetter- und Sichtbesserung zu warten. Die Hoffnung
hielt uns bis 22:30 Uhr auf drei Felsblöcken kauernd im leichten Schneefall fest. Die wärmende Ausrüstung hatte wir am Ausgangspunkt für
die Shisha Pangma-Südwand kurz unterhalb des Castle-Camps deponiert und so schlotterten wir der Sichtbesserung entgegen. Die auch kurz
nach 22:30 eintraf. Um 00:30 waren wir im Basislager zurück, wo unser Koch Sitaram uns noch das erträumte Abendessen zauberte - genau
2000 Höhenmeter tiefer als beim morgendlichen Aufwachen.
Nichts geht mehr - Sicht gleich Null im Abstieg zum Basislager
Sitaram Rai - unser guter Geist im Basislager
Die nächsten Tage werden wir mit Erholung - und wenn es das Wetter zulässt der geplanten Alpinstil-Durchsteigung der Shisha Pangma
Südwand zubringen. Das heisst, dass es mit dem nächsten Newsletter eine Weile dauern kann - 10 Tage mindestens. Drücken Sie uns die
Daumen für ein paar Tage sicheres Wetter in Folge, - wir werden es gebrauchen können. Im Moment schneit es waagrecht.
Für Heute wieder beste Grüsse aus unserem Basislager,
Gerlinde, Hiro und Ralf