Ziele Expeditionsteam Tagebuch Interviews und Berichte (MP3)

          aktuelle News       aktuelle Berichte aus dem Everest BC (MP3)       ältere News     

zurück zur Übersicht ältere News

Shisha Pangma Basislager, 24.04.2005

Vorakklimatisation für Shisha Pangma Südwand abgeschlossen
Zwei Akklimatisationsnächte auf 6650 m zugebracht

Immer noch weiter zog sich der Weg von unserem Tiefschnee-Basislager bis zum eigentlichen Basislager auf 5200 m. Schon vier Stunden waren wir unterwegs. Endlich bei einer kleinen Anhöhe konnten wir unser heimatliche Gefühle erweckendes "Lake-Side-Resort" vom vergangen Jahr erkennen. Der See war noch zugefroren, aber insgesamt lag deutlich weniger Schnee als weiter unten. Unsere Höhenmesser zeigten viel zu hoch an. Das hieß, dass wir auch in unserem tiefen Basislager noch tiefer lagen als eigentlich gedacht - nämlich gerade mal auf 4650 m. Und damit war unser erster Akklimatisationsberg mit Gipfelübernachtung auch nur 5550 m hoch. Vier weitere Stunden zogen wir mit unseren Rucksäcken und mit Verpflegung, Gas und Ausrüstung für 4 Tage weiter bis wir auf dem Moränenrücken zwischen Shisha Pangma Südwand und Pungpa Ri bei zwei großen Felsblöcken windgeschützt unser kleines Zelt aufstellten. Wir waren müde vom mindestens 25 km langen Anmarsch. Und 1000 Höhenmeter Aufstieg.

Zwischen unserem jetzigem und letztjährigem Basislager - Eiger-Peak links
Shisha Pangma Südwand links - Pungpa Ri rechts
Castle Camp am Einstieg zum Pungpa Ri © Hirotaka Takeuchi
Zwischen unserem jetzigem
und letztjährigem Basislager
- Eiger-Peak links
Shisha Pangma Südwand links
- Pungpa Ri rechts
Castle Camp am Einstieg
zum Pungpa Ri
© Hirotaka Takeuchi

Ausschlafen am nächsten Morgen, bis uns die Sonne aus den Schlafsäcken trieb. Wir hatten zwar gut geschlafen auf 5650 m, aber wir hatten auch gemerkt, dass wir für diese Höhe bei weitem noch nicht genügend angepasst waren. Der Entschluss uns nicht zu sehr zu verausgaben und damit den Gipfel des Pungpa Ri (7400 m) erst mal sausen zu lassen war ohne grosse Worte allen dreien klar. Also stiegen wir an diesem zweiten Tag auch nur bis zum Castle-Camp (5850 m) auf. Doug Scott hatte 1982 einer kleinen Felsformation am Ende des oben genannten Moränenrückens diesen Namen gegeben. Nach 1 ½ Stunden waren wir angekommen und damit direkt am Einstieg zur Aufstiegsrinne des Pungpa Ri. Wir verbrachten den Rest des Tages mit Herrichten der Ausrüstung für den nächsten Tag und mit Schneeschmelzen.

!!Endlich "richtiges" Bergsteigen!!: der dritte Tag brach wunderschön an. Noch vor den ersten Sonnenstrahlen pickelten wir uns langsam die breite Rinne des Aufstiegs nach oben. Lange Blankeisstrecken auf den Frontzacken unterbrochen von weniger anstrengenden Hartschneepassagen. Schon im Aufstieg richteten wir bei den steileren Blankeisstellen einige Abalakov-Eissanduhren zum Abseilen für den Abstieg ein. Wir hatten es nicht eilig und wollten eher auf Nummer-"Sicher" gehen.

Tiefblick zum Castle Camp vom Aufstieg am Pungpa Ri
In der Aufstiegsrinne des Pungpa Ri
Trittschnee nach halber Rinnenhöhe am Pungpa Ri © Hirotaka Takeuchi
Tiefblick zum Castle Camp
vom Aufstieg am Pungpa Ri
In der Aufstiegsrinne
des Pungpa Ri
Trittschnee nach halber
Rinnenhöhe am Pungpa Ri
© Hirotaka Takeuchi

800 Höhenmeter stiegen wir an diesem dritten Tag unseres "Ausfluges" auf. Ca. 50 Höhenmeter unter dem Gipfelgrat des Pungpa Ri fanden wir eine kleine Firnrippe, auf der wir im Schutz eines Felsblocks begannen eine Plattform herauszuhacken. Es wäre zwar schön gewesen unser Lager direkt am Grat einrichten zu können. Dafür war es aber deutlich zu stürmisch.

Gerlinde passiert den Seracriegel auf halber Höhe des Anstiegs am Pungpa Ri
Kurz vorm Erreichen unseres Biwakplatzes auf 6650 m
Gerlinde passiert den
Seracriegel auf halber Höhe
des Anstiegs am Pungpa Ri
Kurz vorm Erreichen
unseres Biwakplatzes auf 6650 m

Da wir beim Aushacken unserer kleinen Zeltplattform schnell auf blankes Eis stießen, waren wir doch 2 ½ Stunden mit dem Herrichten des "Zeltplatzes" beschäftigt. Als der Sturm seinen Höhepunkt erreicht hatte, waren wir endlich so weit das Zelt auftstellen zu können. Auf 6650 m in einem Höllen-Sauwetter eine echte Herausforderung: 1,5 Meter x 2 Meter war unser Spielfeld im Kampf mit dem Sturm in einer 50° steilen Flanke. Wir konnten das Spiel gewinnen und lagen irgendwann kurz vor Sonnenuntergang eng zusammengepfercht in den Schlafsäcken. Hiro und ich in der einen Richtung, Gerlinde in der Mitte eingezwängt in der anderen Richtung. Bis lang in den Abend brummte der Kocher, um das nötige Schmelzwasser herzubringen. Unser mitgebrachtes Kartoffelpurée war versehentlich salzfrei - und so schmeckte dieser Brei mehr nach Pappe als nach Kartoffeln.

Gerlinde lässt sich durch nichts aus dem Schlaf reissen
Warten auf heisses Wasser und das Auftauen des Schmelzkäse
Auch Hiro bringt nichts aus der Ruhe - Gerlindes Füße gut gekühlt
Gerlinde lässt sich durch nichts
aus dem Schlaf reissen
Warten auf heisses
Wasser und das Auftauen
des Schmelzkäse
Auch Hiro bringt nichts
aus der Ruhe - Gerlindes
Füße gut gekühlt

Völlig eingeeist erwarteten wir am nächsten Morgen die ersten Sonnenstrahlen. Es war eine brutal kalte Nacht gewesen; insgesamt waren wir doch noch sehr früh im Jahr dran. Die Entscheidung mangels ausreichender Akklimatisation die Besteigung des Pungpa Ri nicht weiter zu verfolgen und stattdessen einen kompletten Akklimatisationstag auf unserer Mini-Plattform auf 6650 m einzulegen war die Richtige! Und wir hatten Glück: bei mäßigem Wind, Sonnenschein und gigantischer Aussicht brachten wir dort oben einen angenehmen Tag zu und konnten die gesamte Ausrüstung trocknen und genügend trinken.

Morgendliches Zusammenpacken auf 6650 m
Gerlinde tastet sich im Abstieg über eine zugewehte Spalte
Letztes Mal Abseilen vor dem Castle Camp
Morgendliches Zusammen-
packen auf 6650 m
Gerlinde tastet sich im Abstieg
über eine zugewehte Spalte
Letztes Mal Abseilen
vor dem Castle Camp

Die zweite Nacht auf 6650 m war total stürmisch, und auch dieses Mal in der Früh das Zelt von innen und die Schlafsäcke von aussen wieder völlig angeeist. Schon vor den ersten Sonnenstrahlen packten wir zusammen und begannen bei heftigem Wind den Abstieg. Die vorher schon eingerichteten Abseilstellen waren unseren etwas steifen Gliedern sehr willkommen und so konnten wir rasch und sicher das Castle-Camp wieder erreichen. Trocknen der völlig durchnässten Ausrüstung und Frühstück waren in der prallen Sonne willkommene Erholung.

Trocknen der Ausrüstung am Castle Camp
Schneeschmelzen am Castle Camp - Ralf wartet auf seinen Cappuccino
Trocknen der Ausrüstung
am Castle Camp
Schneeschmelzen am Castle Camp
Ralf wartet auf seinen Cappuccino

"Jetzt noch die paar-und-zwanzig Kilometer zurück ins Basislager und ein Mega-Abendessen würde uns erwarten"dachten wir. Weit gefehlt: Kurz unterhalb des alten Basislagers um 16:30 Uhr holte uns der Nebel und die Nachmittagsbewölkung ein - zeitweise waren keine 15 Meter Sicht. Um uns nicht völlig im Moränengelände zu verrennen entschlossen wir uns auf Wetter- und Sichtbesserung zu warten. Die Hoffnung hielt uns bis 22:30 Uhr auf drei Felsblöcken kauernd im leichten Schneefall fest. Die wärmende Ausrüstung hatte wir am Ausgangspunkt für die Shisha Pangma-Südwand kurz unterhalb des Castle-Camps deponiert und so schlotterten wir der Sichtbesserung entgegen. Die auch kurz nach 22:30 eintraf. Um 00:30 waren wir im Basislager zurück, wo unser Koch Sitaram uns noch das erträumte Abendessen zauberte - genau 2000 Höhenmeter tiefer als beim morgendlichen Aufwachen.

Nichts geht mehr - Sicht gleich Null im Abstieg zum Basislager
Sitaram Rai - unser guter Geist im Basislager
Nichts geht mehr - Sicht
gleich Null im Abstieg zum Basislager
Sitaram Rai - unser
guter Geist im Basislager

Die nächsten Tage werden wir mit Erholung - und wenn es das Wetter zulässt der geplanten Alpinstil-Durchsteigung der Shisha Pangma Südwand zubringen. Das heisst, dass es mit dem nächsten Newsletter eine Weile dauern kann - 10 Tage mindestens. Drücken Sie uns die Daumen für ein paar Tage sicheres Wetter in Folge, - wir werden es gebrauchen können. Im Moment schneit es waagrecht.

Für Heute wieder beste Grüsse aus unserem Basislager,
Gerlinde, Hiro und Ralf

zurück zur Übersicht ältere News



Klicken Sie bitte die Bilder einfach an! In einem neuen Fenster sehen Sie das Bild in größerem Format.
Alle Bilder © AMICAL alpin www.amical.de

Nach oben   Zum Seitenanfang