Bei herrlichstem Wetter sind wir am Sonntag abend hier in der Antarktis
gelandet. Die Ilyushin aus Kasachstan hatte vier Tage Verspätung, da sie
unterwegs bei den Tankstopps, zum Beispiel in Libyen, nicht überall die
Landegenehmigung erhielt und auch teilweise nicht weiter kam. Der
7-stündige, knapp 4500 Kilometer lange Flug gemeinsam mit 30
norwegischen und finnischen Wissenschaftlern verlief problemlos - nur die
Landung auf dem Blaueisfeld "Blue One" war wie immer ziemlich bombig
(uneben) und glich mehr einem mittelheftigen Erdbeben. Nach vier Kilometer
langer Schlitterfahrt mit mehrmaligem Abweichen von der Ideallinie kam die
Ilyushin um 19:00 Uhr zum Stehen.
Bis alle Ausrüstung und Verpflegung entladen war und die Zelte für die erste
Antarktisnacht standen, war es 2:00 Uhr morgens und wir alle ziemlich müde.
Die Landschaft übertrifft alle meine Erwartungen - die Weite der Antarktis
und die unglaublich klare Luft, dazwischen die unwirklich spitzen Gipfel der
Drygalski Berge - fast unnahbar trotz greifbarer Nähe. Ein fast sechs Jahre
alter Traum scheint nun in Erfüllung zu gehen.
Aussicht von Blue One
Der heutige Tag war herrlich windstill. Genau richtig zum Umpacken und
Vorbereiten der Zugschlitten für die nächsten Tage. Bis alles auf die
Schlitten geladen war, rief die Küchenmannschaft schon wieder zum Abendessen.
Vor uns liegen für die nächsten Tage ca. 80 Kilometer Wegstrecke über erst
zweimal begangene Gletscher bis zum Basislager auf der Westseite des
Holtanna, das wir mit den schweren Schlitten in hoffentlich vier Tagen
erreicht haben. Wenn der Wind günstig bläst und wir die Zugdrachen einsetzen
können, kann es auch wesentlich schneller gehen.
Sobald wir das Basislager auf ca. 1700 m Meereshöhe erreicht haben werden,
melde ich mich wieder mit weiteren Infos.
Beste Grüße aus Queen Maud Land
Ralf Dujmovits
AMICAL alpin
Am Rande bemerkt Glück gehabt!
Dass ich jetzt "doch" hier in der Antarktis sein kann, hat schon ein wenig mit Glück zu
tun: Die letzten fünf Tage haben wir noch viel mit den Zugdrachen
trainiert. Alle außer Alain haben in dieser Disziplin ziemliche Defizite. Es ist gar nicht so
einfach, bei starkem Wind zu starten oder, wenn der Drachen erst mal über einem steht und quasi aus
dem Wind genommen wurde, langsam mit den Skiern Fahrt aufzunehmen. Das ganze bei 80 kg Gepäck im
Schlitten, möglichst ruckfrei. Das will alles geübt sein, und leider gab es vorher zu wenig
Gelegenheit. Zwar haben wir alle mehr oder weniger viele Gleitschirm-Flugjahre hinter uns, trotzdem
ist es schon noch mal was anderes sich möglichst effizient ziehen zu lassen. Voller Enthusiasmus
waren wir also bei unseren Trainingsversuchen am Strand; ich war gerade an der Reihe. Eine
unerwartet starke Böe hob mich sofort vom Boden weg, genau als ich den Drachen leicht im Wind hatte.
In zweieinhalb Meter Höhe ließ eine zweite Böe den Drachen dann die Richtung wechseln und ich bin
mit dem Kopf und der rechten Schulter voraus nach fünf Meter Flug ziemlich hart im Sand gelandet.
Eineinhalb Minuten muss ich wohl bewusstlos gewesen sein, so sieht man es auf jeden Fall auch auf
dem Video, das Jorge, unser Kameramann, aufgezeichnet hat. Als ich langsam wieder zu mir kam, haben
die Kollegen das einzig Richtige getan und mich per Spezialtrage und Krankenwagen erst mal ins
nächste Krankenhaus bringen lassen. Eine mittelprächtige Gehirnerschütterung und eine heftige
Schulterprellung wurdenfestgestellt - sonst nichts. Glück gehabt. So bin ich jetzt eigentlich
froh - trotz der heftigen Kopfschmerzen und dem dicken Bluterguss an der Schulter - erst nochmal
zwei Ruhetage in Kapstadt gehabt zu haben. Der "Rest" jetzt hier in der Antarktis, wird
hoffentlich besser.