AMICAL alpin Manaslu Expedition nach Gipfelerfolg zurück im Basislager!
Sehr schnell hatten die erhofften Ruhetage nach dem letzten Tiefschneeaufstieg zu
Lager II ihr Ende gefunden. Von der Wetterdienststelle Innsbruck hatten wir von deren
Leiter Charly Gabl die Vorhersage erhalten, das Wetter würde wahrscheinlich nur bis
Freitag halten und auch der Freitag wäre nur bis mittags brauchbar. Also fanden wir
uns am späten Dienstag Vormittag, ein Tag nach dem lustigen Geburtstag unseres
Expeditionsarztes Hannes Carstensen, im Lager I wieder. Die Sherpas und Qudrat waren
schon nachts aufgebrochen, um gleichzeitig Lager II zu erreichen.
Dr. Hannes Carstensen Geburtstag
Bei herrlichstem -aber kaltem- Wetter morgens in Lager I
Dieses Mal war der Aufstieg nach Lager II wesentlich weniger beschwerlich als das Mal
vorher und so war schon am frühen Mittag die komplette Mannschaft samt Sherpas und
Qudrat sowie die beiden sich uns anschließenden Renzo / Italien und Gerlinde /
Österreich - also insgesamt 21 Bergsteiger - auf der Aussichtskanzel des Lager II
eingetroffen. Ein zwar etwas windiger, aber herrlich klarer Nachmittag war Ausgleich
für den langen Aufstieg durch die Hitze des Eisfalls.
Durch den grossen Eisbruch von Lager I nach Lager II
Rast im Eisbruch an sicherer Stelle auf 6100 m
Qudrat links - gerade zurück von Lager III und Sepp begrüßen sich
Die Sherpas und Qudrat hatten am gleichen Vormittag auf dem technisch anspruchsvollsten Teilstück
entlang der Fixseile der schon erfolgreichen Norweger
zum ersten Mal Lager III erreicht. Es sollte eine lange und anstrengende Etappe werden, die uns am
09/05 erwartete. Steile Schneehänge wechselten mit bis zu 70° steilen Eispassagen ab, bis
wir - zum Teil erst spät am Nachmittag - Lager III erreichten.
Albert und Harald hatten dabei besonderes Pech: Albert fiel im Aufstieg zwei Mal in eine Spalte
und Harald wehte eine Windboe seine Daunenjacke davon, was ihn zu einem längeren Ab- und
Wiederaufstieg zwang. Trotz allem - um 17:00 Uhr waren tatsächlich alle - wirklich alle 21
Mann/Frauen in Lager III auf 7450 m angekommen. Ein erster großer Erfolg. Das Zelte-Aufbauen
war bei zunächst heftigem Sturm keine leichte Aufgabe. Mit viel Glück ließ aber der
Sturm im Laufe des Nachmittags nach und so waren nicht jedes Mal sechs Mann nötig um ein Zelt
aufzubauen.
Lager II in der ersten Morgensonne
Die ersten Schneehänge nach Lager II
Sepp schon oberhalb des Nordsattels
Danu Sherpa im unteren Teil der Eisbrüche nach Lager III
Gianni Goltz in den steileren Passagen hinauf nach Lager III im Sturm
Lager III - 7400 m
Der 10. Mai begann wieder mit auflebendem Sturm, nachdem wir alle um 22:00 Uhr angefangen hatten
zu kochen. Kurz nach Mitternacht standen alle fix und fertig vorbereitet vor den Zelten - nur
Paula klagte über stärkste Kopfschmerzen, die auch mit starken Schmerzmitteln nicht loszuwerden
waren. Da sie auch über einen stark erhöhten Puls und heftigen Druck im Augenhintergrund klagte,
war von einem beginnenden Höhenhirnödem auszugehen.
Alle waren zum Abmarsch bereit, und so gab ich ihr zunächst Dexamethason gegen das Hirnödem und
ging mit den Anderen los. Ein Bericht von der Shisha Pangma vor Jahren aber, als ein im letzten
Lager zurückgelassener Teilnehmer in kürzester Zeit verstarb, trieb mich nach einiger Zeit
gemeinsam mit Qudrat zur Umkehr und Sepp konnte mit den anderen Teilnehmern weitersteigen.
In kürzester Zeit ereichten Qudrat und ich das Lager wieder und wir konnten uns von der Besserung
Paulas Befinden überzeugen.
Sepp von Rotz erreichte zwischen 7:30 Uhr und 9:30 Uhr gemeinsam mit sieben
Teilnehmer, unseren beiden Sherpas Danu und
Tenzing , Gerlinde Kaltenbrunner / Österreich und Renzo Corona / Italien
sowie deren begleitenden Sherpa Lhakpa den Gipfel.
Renzo Corona macht die letzten Schritte zum höchsten Punkt
Renzo Corona kurz vor dem Gipfel
Wie letztes Jahr, bei unserer erfolgreichen Nanga Parbat Expedition, hatte es sich wieder als
unschätzbarer Vorteil erwiesen bei der Leitung einer 8000er-Expedition zu zweit zu sein
und damit auch solche Ausnahmesituationen auffangen zu können. Zwar war die Rückkehr
ohne Gipfel für mich zunächst ein schmerzhafter Verzicht, aber mit der Gewissheit im
Falle einer Verschlechterung in der Nähe von Paula zu sein und am nächsten Tag noch
einen Versuch starten zu können, war die Enttäuschung schnell verdaut. Im Laufe des
Vormittags stieg Paula gemeinsam mit unserem Expeditionsarzt Hannes ins Lager II ab und war
damit außer Gefahr.
Leider setzte sich die Folge von unglücklichen Begebenheiten fort und im Abstieg vom Gipfel
des Manaslu brach Alois Bogenschütz eine Blankeisplatte unter den Steigeisen weg und er
stürzte ca. 150 m tief die Gipfelflanke hinunter. Glücklicherweise zog er sich nur
eine Bänderdehnung und eine Platzwunde an der Stirn sowie zahlreiche Prellungen zu.
Auch hier war wieder Sepp der Retter in der Not und nach meiner Entscheidung so schnell als
möglich noch nach Lager II abzusteigen machten sich Sepp mit Alois und Gerlinde an den
beschwerlichen Abstieg nach Lager II, wo sich spät abends Hannes um die ärztliche
Versorgung von Alois kümmern konnte.
Alois nach seinem 150m Sturz zurück in Lager III
Gianni Goltz nach der Rückkehr vom Gipfel
Kaum war Alois außer Sichtweite kam Renzo Corona
vom Gipfel zurück und klagte über Atembeschwerden und starken Leistungsverlust. Ein
Lungenödem war im Anmarsch und damit die Entscheidung für den nächsten Tag klar:
wichtigste Aufgabe würde sein Renzo trotz seines Lungenödems ins Tal bringen zu
können. Für diesen Nachmittag war es zu spät, also hieß es mit Nifidepin
eine hässlich stürmische Nacht herumzubringen. Bereits um 5:30 Uhr am 11. Mai begannen
wir im Sturm mit dem zeitaufwendigen Zeltabbau und es sollte leider 8:00 Uhr werden, bis Renzo
und ich uns zum Abstieg aufmachen konnten.
Der kleine Gegenanstieg zum Beginn der Fixseile wurde
zum Martyrium und es dauerte viele Stunden bis ich mit Renzo über die Fixseile und viele
Abseilstellen zurück in Lager II war. Auch hier entschieden wir uns noch nicht zum
Anhalten - Renzo sollte so tief als möglich seine letzte Nacht am Berg verbringen. Um 19:00
Uhr erreichten wir Schritt für Schritt für Schritt gemeinsam mit Sepp und Gerlinde
Lager I. Phuri Sherpa war uns entgegekommen und begleitete mich noch hinunter ins Basislager,
wo ich um 22:00 Uhr todmüde in den Schlafsack fiel. Sepp verbrachte nochmals mit Renzo und
Gerlinde eine Nacht in Lager I.
Renzo schafft seine ersten selbständigen Schritte zu den Fixseilen
Die letzten Schritte für Renzo nach Lager I
Renzo verschnauft zwischen Lager III und Lager II
Der 12. Mai ist schnell erzählt: Zu guter Letzt trafen Sepp mit Gerlinde und Renzo wieder im
Basislager ein und alle waren weitestgehend fit zurück. Alois wird den Nachhauseweg mit dem
Helikopter antreten und auf den Rest der Mannschaft wartet zum Ausklang der Expedition noch das
Ausnahmetrekking "Rund um den Manaslu".
Am Abend war hier noch große Gipfelfete, zu der selbstverständlich auch alle anderen
am Berg agierenden Expeditionen herzlich eingeladen waren.
Gipfelfete
Gipfelfete
Für mich war es seit sechs Jahren das erste Mal, dass ich den Gipfel eines Expeditionsziels nicht auch
persönlich erreichte. Der zunächst schmerzliche Misserfolg sieht im Licht der weitestgehend gesunden
Rückkehr der eigenen Mannschaft - teilweise mit Gipfelerfolg aber auch mit Unfällen - jedoch schon
ganz anders aus. Einen schwer Lungenödemkranken aus 7400 m Höhe glücklich ins Tal zu führen und
dafür auf den Gipfel verzichtet zu haben, ist jetzt im Rückblick die schönere Leistung und erfüllt
mich mit Genugtuung und Zufriedenheit in Ausübung meines Berufs als Bergführer.
Für Ihr Interesse während der letzten Wochen darf ich mich bedanken.
Genauso wie bei meinen langjährigen, persönlichen Sponsoren SCHÖFFEL Sportbekleidung, GORE-TEX footwear, CICLO Sportuhren und der Sparkasse Bühl, ohne deren materiellen und
finanziellen Unterstützung ich den zeitlichen Aufwand für mein umfangreiches, persönliches
Vorbereitungstraining nicht leisten könnte.
Zuletzt darf ich mich auch bei meinen Kolleginnen Nicola Roth und Andrea Müller,
sowie unserem Internetspezialisten Klaus Friedmann bedanken, ohne die das Zustandekommen dieser
Seiten nie möglich wäre.