Abbruch der Kantsch-Expedition - Lawinengefahr zu groß - Wetter zu schlecht
Es hat nicht sollen sein dieses Jahr: Enttäuscht sind wir vorgestern abend ins Basislager zurückgekehrt.
Heftiger Schneefall und weitere, durch "unseren" Meteorologen Charly Gabl über Satelliten-Telephon
angekündigte Niederschläge, haben uns die Wahrscheinlichkeit einer Komplettverschüttung unseres Lagers II
auf 6600 m vor Augen geführt. 30 Minuten nach dem Telephonat mit Charly und den angekündigten 50 cm
Neuschnee räumten wir unser Lager II und traten die "Flucht" ins Tal an.
Zusammenpacken und Eilabstieg von Lager II
Wie sich aber unser Gipfelversuch genau gestaltet hat - und wie wir zunächst voller Optimismus Richtung
Gipfel aufstiegen, möchte ich Ihnen mit einigen anschaulichen Bildern näher bringen.
Am Sonntag, dem 18. Mai hatten wir endlich das Gefühl, die Wettervorhersagen für die kommenden Tage und
etwas zurückgehende Sturmgeschwindigkeiten in Gipfelnähe würden uns einen Gipfelaufstieg ermöglichen.
Hoch motiviert starteten wir den langen Weg nach Lager I. Eine frühe Ankunft erlaubte uns sogar am
Nachmittag ein hervorragendes Käsefondue auf 5800 m.
Im Zustieg zur Steilstufe - Pulverschneelawine in der Scottroute
Nachts setzte leider starker Schneefall ein und eine Sicht von kaum mehr als 20 Metern zwang uns den ganzen
nächsten Tag in Lager I zu verbringen. Ein Aufstieg unter diesen Umständen unterhalb der schneebeladenen
Steilhänge der "Twins" war uns zu gefährlich. Erst am nächsten Morgen bei wieder herrlichstem Wetter konnten
wir unseren Aufstieg nach Lager II fortsetzen. Zum wiederholten Male hatten Lawinen an der Steilstufe Teile
der Fixseile herausgerissen - und wir standen wieder vor der Sisyphus-Arbeit die Seile neu anzubringen.
Gerlinde und Ralf am Einstieg der Steilstufe zwischen Lager I und Lager II
Zum vierten Mal hatten Lawinen das Fixseil herausgerissen
In der Querung am Ende der Fixseile
Ralf im Vorstieg - Gerlinde beim Sichern am Ende der Fixseile
David am Ende der Fixseile - im Hintergrund die Twins im Sturm
Der Neuschnee machte uns das letzte Wegstück nach Lager II heftig schwer und so waren wir gegen Mittag froh
am Platz von Lager II angekommen zu sein. Unser Depot war schnell ausgegraben und die drei kleinen Zelte wieder
flott auf neu geschaufelten Plattformen aufgebaut. Der Nachmittag verging in der Vorfreude auf den weiteren
Aufstieg nach Lager III. Als wir aber nachts bei wieder einsetzendem Schneefall aufwachten war es damit vorbei.
Schon im Laufe des Vormittags entschieden sich Michi und David wegen des Neuschnees und der damit verbundenen
akuten Lawinengefahr abzusteigen. Hiro, Veikka, Gerlinde und ich wollten zunächst in der Hoffnung auf baldige
Wetterbesserung noch abwarten. Der Schneefall hielt den ganzen Vormittag an und als uns gegen Mittag Charly Gabl
von der Wetterdienststelle Innsbruck auch noch weitere heftige Schneefälle mit bis zu 50 cm Neuschnee ankündigte,
packten auch wir anderen unsere Rucksäcke für den Abstieg.
Mit der gesamten Ausrüstung traten wir schweren Herzens bei fast Null-Sicht den Abstieg an. Die Sorge um unsere
Sicherheit und die Gewissheit, drohenden Lawinenabgängen nur durch einen Schnellabstieg entgehen zu können,
trieben uns nach unten. Damit stand aber auch fest, dass das Ende der Expedition gekommen war. Nachdem uns im
Basislager von allen verfügbaren Wettervorhersagen für den äußersten Osten Nepals auch weiterhin sehr wechselhafte
Witterung vorausgesagt wurde, blieb uns keine andere Möglichkeit als die Expedition zu beenden.
Veikka und Hiro im Abstieg ins Basislager - die Expedition ist zu Ende
David beim Anschnitt unseres Gesunde-Rückkehr-Kuchens
Ende - Packen im Basislager
Zurück im Basislager während zwei Stunden Sonnenschein am Vormittag
Seit unserer Rückkehr hat die tägIiche Wetterentwicklung unsere Entscheidung bestätigt. So geht es in den nächsten
Tagen zurück nach Kathmandu. Das Aufgeben unseres Expeditionsziels ist uns allen sehr schwer gefallen - eine gesunde
Rückkehr ins Basislager aber war für uns entscheidend. Wir haben uns in einem internationalen Team über zwei Monate
bestens verstanden, hatten eine gute Zeit beim Bergsteigen und im Basislager und freuen uns bereits heute auf einen
weiteren Versuch an der Kangchendzönga-Nordwand - vielleicht schon im Jahr 2005.
Wieder einmal darf ich mich bei meinen langjährigen Sponsoren SCHÖFFEL Sportbekleidung, GORE Footwear, CICLO SPORT und
der Sparkasse meiner Heimatgemeinde Bühl bedanken. Ohne ihre Unterstützung hätte ich nicht die Freiheit, immer
wieder zu den großen Bergen aufzubrechen.
Ein letztes Mal grüßt Sie das gesamte Team vom Kangchendzönga,
David Göttler, Gerlinde Kaltenrunner, Hirotaka Takeuchi, Veikka Gustafsson, Michi Wärthl und Ralf Dujmovits