Letzter Newsletter der AMICAL alpin Gasherbrum I - Gasherbrum II Expedition
Gipfel von GI und GII erreicht - Schlussbericht!
Gasherbrum I:
(Gipfel erreicht am 25. Juli 2004 durch Dr. Peter Fessler, Qudrat Ali, Hirotaka Takeuchi, Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits)
Wie dicht Glück und Unglück beieinander liegen können, sollten wir
in den vergangenen Tagen drastisch zu spüren bekommen. Der Wetterbericht
hatte für das Wochenende Sa. 24. und So. 25. Juli stabiles Wetter
angekündigt. Ein letzter Anruf von Lager I über Satellitentelefon
beim Wetteramt in Innsbuck bestätigte die vorausgegangenen Wetterprognosen.
Am 23. Juli war Lager I schnell erreicht; der 4-stündige Aufstieg
durch den Eisbruch war zur Routine geworden. Den ganzen Tag über
in Lager I schneite es beständig. Den Start am nächsten Morgen nach
Lager II verschob ich immer wieder. Die Steilflanken seitlich des
Weges zum Gasherbrum La erschienen mir zu lawinengefährlich. Erst
nachmittags um 14:00 Uhr war ich mir sicher mit stabiler werdendem
Wetter den Aufstieg nach Lager II ohne Gefahr angehen zu können;
um 17:00 Uhr hatten wir Lager II im tiefen Neuschnee erreicht.
Es hat geschneit in Lager II - schaufeln schaufeln
Im Aufstieg durchs Japaner Couloir
Beim Fixieren im oberen Teil des Japaner Couloirs
Der 24. Juli war wie angekündigt strahlend. Wegen der späten Ankunft
in Lager II starten wir erst um 7:00 Uhr. Das Ende der von uns
angebrachten Fixseile und damit die engste Stelle des Japaner
Couloirs war bald erreicht. Tiefer Neuschnee und zahlreiche
Neuschneerutsche machten das weitere Vorwärtskommen zäh. An einer
ca. 60° steilen Stelle war der Neuschnee so tief, dass Hiro die
Lawinenschaufel zum Einsatz brachte um beim Spurtreten besser
voranzukommen. Nach stundenlangem, mühsamem Spuren hatten wir endlich die
Stelle von Lager III auf einer Aussichtskanzel in 7000m Höhe erreicht.
Auch der 25. Juli brachte das erhoffte stabile Wetter. Bei einer
Innentemperatur von -20° Celsius verliessen wir nachts um 2:00 Uhr die
Zelte. Hang um Hang spurten wir im tiefen Neuschnee nach oben, über
weite Strecken im mehr als 50° steilen Gelände. Vor allem Freund und
Hochträger Qudrat sowie ganz besonders Hiro brachten ihre Leistungsfähigkeit
in fast 8000 m Höhe zum Einsatz. Die letzten 50 Höhenmeter spurten
auch erstmals die Spanier um Carlos Pauner im hüfthohen Schnee.
Insgesamt war es trotzdem eine Super-Gruppenleistung, die uns
den Gipfelhängen allmählich näher brachte.
Gerlinde in der Gipfelflanke am GI auf knapp 8000 m
Wenige Minuten nach 12:00 Uhr standen wir nach Erreichen der Gipfelwechte
auf dem höchsten Punkt des Gasherbrum I. Ausgelassene Stimmung unter
wolkenlosem Himmel machte sich unter uns allen breit: 4 Spanier, 3 Pakistani
(darunter Qudrat), 2 Holländer, 2 Österreicher (Gerlinde und Peter),
1 Japaner (Hirotaka) und 1 Deutscher (meine Wenigkeit) standen gleichzeitig
nach 8 Stunden Aufstieg am Ziel ihrer Träume. Herrlich schön!
Wenige Meter vor dem Gipfel
Gipfel GI Qudrat, Gerlinde, Ralf, Hiro, Peter
Gipfel GI Gerlinde, Ralf, Qudrat
Gipfelaussicht vom GI in Richtung Broad Peak, GII, K2
Keine 10 Minuten nach einem fast einstündigen Gipfelaufenthalt im
auffrischenden Sturm kam es zum Desaster: einer der Kollegen von
Carlos Pauner, der junge Spanier José, kam in der 50° steilen Gipfelflanke
ins Straucheln, konnte sich nicht mehr abfangen und fiel fast den
gesamten Aufstieg 800 m bis kurz vor Lager III hinunter. Im Eiltempo
zu ihm abgestiegen konnte ich nur noch seinen Tod feststellen.
Wir bestatteten ihn an Ort und Stelle auf dem Gletscher in einer
Mulde - eine Bergung das steile Japaner-Couloir hinab nach Lager II
wäre zu risikoreich für alle Beteiligten gewesen. Der geplante weitere
Abstieg nach Lager II fiel aus, - wir verbrachten eine weitere kalte
Nacht auf 7000 m. Gerlinde und Hiro ohne Schlafsäcke. Diese hatten
sie aus Gewichtsgründen, da auch nur eine Nacht in Lager III geplant
war - in Lager II gelassen.
Bei starkem Wind seilten wir am nächsten
Morgen tief deprimiert durch das seilversicherte Japaner-Couloir ab.
Der weitere Tag wurde durch den Abtransport des gesamten Materials
von Lager II hinunter nach Lager I noch lange. Brachte uns aber auch
ein wenig Abstand zu dem traurigen Unfall. Erst abends um 21:30 kamen
wir im 2000 m tiefer gelegenen Basislager an.
Abseilen im Japaner Couloir
Gerlinde beim Abseilen im Japaner Couloir
Zurück im Basecamp - müde aber glücklich - Ralf, Gerlinde, Hiro
Gasherbrum II:
(Gipfel erreicht am 26. Juli 2004 durch Erich Weitlaner, Josef Lurz, Alois Kari und Hajo Netzer)
Der verbliebene Rest der Gasherbrum II Mannschaft um Hajo Netzer startete
wie das GI-Team am 22.Juli vom Basislager. Da sich der Aufstieg über den
Grat der "Banane" hinauf nach Lager II am GII etwas sicherer gestaltet als
der Weg nach Lager II am GI konnte Hajo mit seinen drei Mannen schon nachts
aufsteigen. Der Plan war zwar der weitere Aufstieg nach Lager III - tiefer
Neuschnee vereitelte dies aber. Erst mit besserem Wetter am 24.Juli konnte
Hajo mit der Unterstützung von Sepp Lurz, Erich Weitlahner und Alois Kari
sowie dem 14-8000er-Spanier Alberto Innuratgi den "Durchstich" hinauf nach
Lager III auf 6950 m schaffen.
Da abzusehen war, dass die Querung unter dem Felsdreieck des GII die
ganze Kraft aller Teilnehmer brauchen würde, entschied Hajo den
weiteren Weg ab Lager III in nochmals zwei Teilstrecken aufzuteilen.
Und versicherte am 25. Juli den steilen Aufstieg durch das kombinierte
Fels-Schnee-Eis-Gelände nach Lager IV auf 7350 m komplett mit neuen
Fixseilen. Ein enormer Sicherheitsgewinn, wie sich herausstellen sollte.
Da der Wetterbericht auch noch für den 26. Juli stabiles Wetter angekündigt
hatte, war dies in Anbetracht der Neuschneemengen sicher die richtige
Entscheidung. Der Gipfeltag - der 26. Juli hielt dann auch was die
Meteorologen angekündigt hatten: Zwar war es wesentlich windiger als am
Tag zuvor, trotzdem konnte Hajo's Mannschaft mit anderen, von der enormen
Spurarbeit Hajo's profitierenden, Teams zwischen 10:00 und 11:00 Uhr
den Gipfel des Gasherbrum II erreichen. Auch hier fast wolkenloser
Himmel - vier Mannen im Glück: Erich Weitlaner, Josef Lurz, Alois Kari
und Hajo Netzer.
Der weitere Abstieg führte Hajo und Erich an diesem Tag noch bis
Lager II hinunter. Alois und Sepp blieben aus Sicherheitsgründen
nochmals eine weitere Nacht in Lager IV. Am 27. Juli waren alle
vier wieder im Basislager zurück - müde aber glücklich und gesund.
Sepp - Hajo - Erich - Alois nach der Rückkehr ins Basislager
Acht Teilnehmer und ein Hochträger unserer Gasherbrum I und
Gasherbrum II Expeditionen waren damit erfolgreich. Leider erst nach dem
vorgesehenen, offiziellen Ende der Expedition. Berufliche Verpflichtungen
zumeist hatten die anderen Teilnehmer pünktlich nach Hause zurückgerufen.
Durchhaltevermögen und Ausdauer sowie der Glaube daran das gesteckte Ziel
zu erreichen haben den anderen zu einem wunderschönen Erfolg verholfen.
Eine Doppelbesteigung von beiden Gipfeln ist leider nicht gelungen - aber
mehr als das zählt sicher die gesunde Rückkehr des gesamten Teams nach
bisweilen extrem schwierigen Verhältnissen in einer schneereichen Karakorum-Saison.
Allen Teilnehmern sowie Hajo, Hiro und Gerlinde für ihren Einsatz meinen
besten Dank.